Mit Spannung waren sie nach Berlin gereist. Für die Vertreter der bundesweit zehn Bürgerstiftungen, die am 2. Ideenwettbewerb der Herbert Quandt-Stiftung und der Initiative Bürgerstiftungen teilnehmen, ging es am Wochenende um die Plätze auf dem Treppchen. Denn zum Abschluss der Wettbewerbsrunde präsentierten sie sich in Berlin der Jury. Diese hatte im Anschluss über die besten drei Projekte und insgesamt 30.000 Euro Preisgeld zu entscheiden. Die Teilnehmer legten sich also ins Zeug und zeigten an ihren aufwendig dekorierten Ständen und in ihren Präsentationen, was sie im vergangenen halben Jahr alles geleistet haben.
Seit Sommer 2011 arbeiten die Bürgerstiftungen Barnim-Uckermark, Braunschweig, Breuberg, Halle, Lilienthal, Pfalz, Schaumburg, Weimar, Wiesloch sowie die Stiftung Bürger für Leipzig an Projekten zum Jahresthema „Brücken bauen zwischen sozialen Milieus“. Sie sollten neue Wege finden, den gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort zu stärken.
Das Team der Bürgerstiftung Halle hat Fotocollagen mitgebracht. Die Geschäftsführerin der Bürgerstiftung Ulrike Rühlmann und Kooperationspartnerin Josefine Cyranka vom Verein KinderKunstForum halten die großen Tafeln mit Bildern von Jugendlichen aus verschiedenen Stadtteilen hoch. So kann das Berliner Publikum sich einen guten Eindruck von der Vielseitigkeit des Projekts „6 x Neuland“ verschaffen. Kinder zeigen anderen Kindern ihre Stadtviertel und bauen so Brücken zwischen sozialen Milieus, das ist die Idee des Projekts. Dabei haben sich sechs Gruppen aus verschiedenen Stadtteilen Halles zunächst ihre eigene Wohnumgebung angeeignet. Nachdem sie sich kundig gemacht und kleine Kunstwerke zu typische Szenen aus ihrem Viertel gefertigt hatten, haben sie ihren Kiez dann Kindern aus anderen Gegenden vorgestellt.
Auf einer Tafel mit der Überschrift „Gründerzeit“ sind Kinder vor der reichhaltigen Fassadenwelt von Halles Altstadt zu sehen, vor griechischen Waldgeistern, Engeln und anderen Reliefs. Daneben ist der erstaunte Ausruf gedruckt: „Ist das hier auch Halle? Ich bin noch nie über den Markt gefahren. Da gibt es ja ganz hohe Kirchen.“ Dass manche Kinder noch nie in anderen Stadtteilen gewesen sind, konnten die Organisatoren zuerst kaum glauben. Doch das trifft nicht nur auf Kinder aus den peripheren Statteilen Halles zu. Auch die mit den Kirchen der Innenstadt vertrauten Kinder aus dem Zentrum haben in dem Projekt viel Neues entdeckt. Zum Beispiel den Skateplatz in der Neustadt, von dem sie vorher noch nie gehört hatten. Nun üben sie hier regelmäßig sportliche Kunststücke mit dem Skateboard oder BMX-Rad. Oder die Naturlandschaft der Saalaue hinter den Hochhäusern der Silberhöhe, in der sie vorher noch waren.
„Wir wollen Kinder aus ihren gewohnten Stadtvierteln und Milieus in andere locken, damit sie für sich „Neuland“ gewinnen, beschreibt Rühlmann das Ziel des Projekts. Rund 120 Kinder hätten sich bislang beteiligt. Doch die Stiftung will bei den Erkundungen nicht stehenbleiben. Neben einer Ausstellung der Dokumentationstafeln möchte sie einen „Kinderstadtplan“ anregen, der für Kinder interessante Wege durch Halle zeigt.
Ob die Bürgerstiftung Halle mit ihrem Projekt unter den Preisträgern ist, wird noch nicht verraten. Die Spannung bleibt bis zum 22. März bestehen. Dann erst wird bekanntgegeben, wer von Bundespräsident Wulff die drei Preise im Wert von insgesamt 30.000 Euro erhält. „Schon jetzt sind alle Teilnehmer Gewinner“, sagt Dr. Roland Löffler, Leiter des Themenfeldes „Bürger und Gesellschaft“ der Herbert Quandt-Stiftung. Nicht nur wegen des Startgeldes in Höhe von 5.000 Euro, das jede Stiftung zu Beginn des Wettbewerbs erhalten hat, sondern vor allem wegen der großartigen Projekte, die die Bürgerstiftungen entwickelt hätten. Prof. Burkhard Küstermann, Leiter der Initiative Bürgerstiftungen, war von der Vielfalt der vorgestellten Projekte ebenfalls begeistert. „Mit ihren innovativen Ideen gelingt es den Engagierten, vor Ort soziale Grenzen zu überwinden und Menschen zu verbinden.“
Quelle: Roman Weigand, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Herbert Quandt-Stiftung