Zusätzliche Straßenschilder für die Reichardtstraße

Seit diesem Monat weisen Zusatzschilder auf den Namensgeber der Reichardtstraße hin. Gespendet wurden sie von Steffi Franz und Bernd Giesecke.

 

Am 25.11. jährte sich zum 256. Mal der Geburtstag des Komponisten und Schriftstellers Johann Friedrich Reichardt. Während seiner Lebzeit in Halle schuf er aus seinem Privatanwesen eine Parkanlage, die damals unter den Namen „Giebichensteiner Dichterparadies“ und „Herberge der Romantik“ bekannt war. Heute kennen die Hallenserinnen und Hallenser die Anlage als Reichardts Garten.

Die Bürgerstiftung Halle nahm seinen Geburtstag zum Anlass, die Straßenschilder in der Reichardtstraße mit zusätzlichen Informationsschildern auszustatten. Mit der Aufschrift „Johann Friedrich Reichardt, 1752-1814, Komponist, Publizist, Gestalter von „Reichardts Garten“ in Halle“ werden die Zusatzschilder in Zukunft interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Besucherinnen und Besucher über den Namensgeber informieren.

Hintergrund Johann Friedrich Reichardt:

Johann Friedrich Reichardt wurde am 25. November 1752 in Königsberg als Sohn des Stadtmusikers und Lautenisten Johann Reichardt geboren und zeigte bereits in Kinderjahren ein besonderes musikalisches Talent. Sein Vater ermöglichte ihm eine solide Ausbildung an der Violine und am Klavier bei namhaften Lehrern und unternahm mit dem zehnjährigen „Wunderknaben“ erste Konzertreisen. Auf Betreiben von Kant studierte er von 1769 bis 1771 in seiner Vaterstadt und in Leipzig Jurisprudenz und Philosophie, trat aber sofort nach dem Studium eine mehrjährige Virtuosenreise an, nicht zuletzt um einem bürgerlichen Beruf zu entgehen. Diese Reise führte ihn in die wichtigsten musikalischen Zentren Deutschlands (u.a. Berlin, Leipzig, Dresden, Prag, Hamburg, Lübeck) und machte ihn mit den bedeutendsten Musikern und Dichtern seiner Zeit bekannt. 1774 kehrte er nach Königsberg zurück und wurde ein Jahr später von Friedrich II. als königlich preußischer Kapellmeister nach Berlin berufen. Die Stelle bot ihm nicht die von ihm erhofften Entfaltungsmöglichkeiten, deshalb zog er sich nach zwei Jahren aus dieser Tätigkeit zurück und konzentrierte sich auf die Schriftstellerei und die Komposition von Liedern und Instrumentalwerken. Vor allem dieses Schaffen als Liedkomponist und die Vertonung von Gedichten von Goethe und Herder sollte ihn späterhin berühmt machen. Zu dieser Zeit heiratete er Juliane Benda, mit der er drei Kinder zeugte. Wenige Monate nach Julianes Tod im Jahre 1783 ehelichte er in Hamburg die verwitwete Johanna Dorothea Wilhelmina Alberti-Hensler, die ihm fünf Kinder zur Welt brachte.

Ganz im Sinne der Sturm und Drang-Zeit unternahm Reichardt mehrere Reisen nach Italien, besuchte London und Paris und lebte kurzzeitig auch in Skandinavien. Er knüpfte ab 1786 engere Beziehungen zu Goethe, Herder, Schiller und Hamann. Seinen Berliner Verpflichtungen als Kapellmeister kam er nur widerwillig nach. Vielmehr entwickelte er auf seinen Frankreich-Reisen eine große Begeisterung für die Ideen der Französischen Revolution. Nach Erscheinen seiner Vertrauten Briefe (1792) wurde er 1794 als Revolutionssympathisant ohne Pension aus seinem Amt als Hofkapellmeister entlassen und lebte darauf zunächst in Hamburg, dann seit 1794 in Giebichenstein bei Halle (Saale). 1796 wurde er begnadigt und zum Salinendirektor in Halle ernannt.

Um seiner großen Familie ein angemessenes Zuhause bieten zu können, erwarb er kurz nach seiner Ankunft in Halle das Kästnersche Gut in Giebichenstein und gestaltete ganz den zeitgemäßen Rousseauschen Idealvorstellungen entsprechend dessen Garten im romantischen Stil. Das Giebichensteiner Dichterparadies entwickelte sich innerhalb kurzer Zeit zum beliebten Treffpunkt bedeutender Dichter und Gelehrter der Romantik. Prominente Gäste wie Goethe, Brentano und Tieck hielten sich mehrfach in Reichardts „Herberge der Romantik“ auf. 1806 verwüsteten napoleonische Truppen das Anwesen und zwangen Reichardt ins Exil nach Danzig. Als er ein Jahr später völlig verarmt zurückkehrte, ernannte Napoleons Bruder Jerome in Kassel zum Generaltheaterdirektor, schob ihn aber bereits nach zehn Monaten nach Wien ab. Reichardt lernte dort Haydn, Mozart und Beethoven kennen und die Wiener Klassik lieben, kehrte aber bald nach Giebichenstein zurück. Nahezu vergessen von seiner Mitwelt starb Reichardt am 27. Juni 1814 an einem Magenleiden.

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