Bildung im Vorübergehen:
Charlotte-Unzer-Straße
- Zusatzschild-Text:
- Dichterin, Philosophin, Kaiserlich gekrönte Poetin der Universität Helmstedt
- Spender:
- gespendet von Courage e. V. Halle
- Status:
- realisiert am 21.07.2021
Johanne Charlotte Unzer, geb. Ziegler (1725 – 1782)
Am 27. November 1725 wurde Johanne Charlotte Ziegler in Halle geboren. Ihr Vater war der Musikdirektor und Organist an der Ulrichskirche Johann Gotthilf Ziegler (1688-1747), Schüler von Johann Sebastian Bach und als Pietist Anhänger August Hermann Franckes. Die Mutter Anna Elisabeth, geb. Krüger war die Schwester des Naturphilosophen und Mediziners Johann Gottlob Krüger. Johanne Charlotte wuchs in einem pietistischen Umfeld im halleschen Ulrichsviertel auf.
Ihr späterer Ehemann, der Arzt Johann August Unzer, hatte u.a. bei ihrem Onkel Professor Krüger studiert. 1750 verließ er Halle und eröffnete in Altona bei Hamburg eine Arztpraxis. Erst später folgte ihm Johanne Charlotte nach.
Der 1751 erschienene „Grundriss einer Weltweißheit für das Frauenzimmer“ beruht auf dem Briefwechsel zwischen den beiden Verlobten, der auch Themen der Logik, Methaphysik und philosophische Fragen beinhaltete. Ihr Onkel und Protektor Johann Gottlob Krüger ermunterte sie zur Veröffentlichung ihrer Gedanken.
Mit dieser Schrift ist Johanne Charlotte Unzer die erste Frau, die bereits Mitte des 18. Jahrhunderts ein vollständiges philosophisches Werk veröffentlicht hat mit dem Ziel, Frauen eine Grundlage zur Erlernung philosophischen Denkens zu bieten. Mit ihrer Schrift wollte sie nicht die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Zeit darbieten, sondern zeigen, dass auch Frauen in der Lage sind, wissenschaftlich zu denken und sich philosophisch zu bilden.
Nach dem Tod der Mutter 1751 heiratete sie Johann August Unzer und zog zu ihm nach Hamburg.
Es folgten mehrere Gedichtbände: 1751 der „Versuch in Scherzgedichten“, drei Jahre später die zweite erweiterte Auflage „Sittliche und zärtliche Gedichte“, die mit den folgenden Worten beworben wurde:
„Die Frau Unzerin, Verfasserin dieser Scherzgedichte, hat sich schon längst einen ansehnlichen Platz unter den schönen Geistern ihres Geschlechts erworben. Ihre Gedichte geben einen lebhaften Witz und einen zur Dichtkunst aufgelegten Geist zu erkennen, und ihre ernsthafteren Schriften zeigen, daß sie mit den höheren Wissenschaften eben so wenig unbekannt ist.“
In Anerkennung ihres Werkes wurde sie 1753 mit dem Titel der „kaiserlich gekrönten Dichterin“ – Poetea laureata – der Universität Helmstedt geehrt, wo ihr Onkel Professor Krüger in der Zwischenzeit Prorektor geworden war. Weiterhin wurden ihr Ehrenmitgliedschaften der Königlich Großbritannischen und Herzoglich Braunschweigischen Deutschen Gesellschaften zu Göttingen und Helmstedt verliehen. Diese Mitgliedschaften waren zuvor keiner Frau vergönnt.
Nach langer Krankheit und dem Verlust ihrer beiden Kinder klingen in ihrem letzten Gedichtband 1766 „Fortgesetzte Versuche in sittlichen und zärtlichen Gedichten“ Melancholie und Wehmut sowie die Sehnsucht nach ihrer Heimat Halle an.
Johanne Charlotte Unzer starb am 29. Januar 1782 in Altona bei Hamburg.
Quellen:
Stadtarchiv Halle, Pressearchiv, Bernhard Spring: Kaiserlich „gekrönte“ Dichterin. Mitteldeutsche Zeitung vom 28.7.2011.
Nachrichten von dem Zustande der Wissenschaften und Künste in den königlich dänischen Reichen und Ländern. Halle, Saale : ULB, [Digitalisat 2015], 2.1754/56 (1756), Dreyzehntes Stück. XVII. Versuch in sittlichen und zärtlichen Gedichten von Johannen Charlotten Unzerin gebohrnen Zieglerin, Halle bey K. H. Hemmerde 1754, 8vo 12 Bogen.
Thomas Gehring: Johanne Charlotte Unzer-Ziegler (1725-1782). Ein Ausschnitt aus dem literarischen Leben in Halle, Göttingen und Altona. Bern/Frankfurt/M., 1973.
Elke Stolze: Johanne Charlotte Unzer, geb. Ziegler (1725-1782). In: Frauenleben – Frauenalltag – gestern und heute. Hallenserinnen – Biographische Skizzen. Teil 1. Projektgruppe des Courage e. V., Halle 1995, S. 9-13.
Michael Pantenius: Gelehrte, Weltanschauer, auch Poeten…. Literarische Porträts berühmter Hallenser. Halle, 2006.