Bildung im Vorübergehen:

Franckestraße

Zusatzschild-Text:
Pietistischer Theologe und Pädagoge, Begründer der Franckeschen Stiftungen, Professor an der Universität Halle
Spender:
gespendet von Internationalen Georg-Wilhelm-Steller-Gesellschaft
Status:
realisiert am 26.09.2013

August Hermann Francke (1663-1727)

Geboren am 22. März 1663 in Lübeck, wuchs August Hermann Francke in Gotha auf, wo sein Vater als Hof- und Justizrat im Dienste Herzog Ernst des Frommen stand. Er studierte in Erfurt, Kiel und Leipzig Theologie und Philologie, habilitierte sich 1685 in Leipzig und gründete dort das pietistische Collegium philobiblicum. In einem bewegenden Bekehrungserlebnis gewann Francke 1687 die Erkenntnis, dass ein auf Gottvertrauen fußendes christliches Leben in einem lebendigen Glauben und in tätiger Nächstenliebe zum Ausdruck kommen muss.

Im Jahr 1691 erhielt August Hermann Francke einen Ruf als Professor für Griechisch und Hebräisch an die in Gründung befindliche Universität Halle, 1698 wurde er Professor der Theologie. Er gehört zu den geistigen Mitbegründern der damals modernsten Universität Deutschlands.

Seit 1692 bekleidete Francke die Pfarrstelle an der Georgenkirche in Glaucha, damals noch eine Vorstadt von Halle, 1715 wechselte er an die Ulrichskirche in Halle, wo er bis zu seinem Tode wirkte.

Sein Lebenswerk begründete August Hermann Francke 1698 mit der Grundsteinlegung einer Armen- und Waisenanstalt. Diese gab nicht nur den zahlreichen notleidenden Kindern in Glaucha eine Perspektive, sondern entwickelte sich innerhalb von 30 Jahren zu einer beeindruckenden Schulstadt von europäischem Rang. Erstmals sollte hier ein vielgliedriges Schulsystem Kinder unabhängig von ihrem sozialen Stand fördern und durch umfassende Bildung die Voraussetzung für ein selbstverantwortliches Leben im Dienste der Gesellschaft schaffen. Franckes Schulen wurden zum Vorbild für das preußische Schulwesen und prägten maßgeblich die preußischen Tugenden mit.

Als Bauherr schuf Francke mit seinen Stiftungen eine einmalige Schularchitektur. Den Unterhalt seines Unternehmens sicherte er durch verschiedene ökonomische Einrichtungen. Zur Schulstadt gehörten eine eigene Landwirtschaft, Wassergewinnung, Bäckereien und Brauereien sowie eine Apotheke und ein Krankenhaus. In der Druckerei der Cansteinschen Bibelanstalt ließ Francke preiswerte Bibeln herstellen, die große Verbreitung fanden und der Entwicklung einer breiten privaten Lesekultur entscheidende Impulse gaben.

Im Todesjahr Franckes 1727 lebten, lernten und arbeiteten in seinen Stiftungen bereits mehr als 3000 Menschen, davon über 2000 Schüler aus ganz Deutschland und vielen Ländern Europas. Ihnen stand eine der bestausgestatteten Bibliotheken der Zeit und eine Wunderkammer mit umfangreichem Anschauungsmaterial zur Verfügung.

Franckes umfassende pädagogische und religiöse Reformpläne wurden durch Pfarrer, Lehrer, Ärzte und Adlige gefördert und durch ganz Europa bis nach Indien und Nordamerika getragen. Die Kommunikationsnetzwerke Franckes reichten bis in die Machzentren Europas, darunter Berlin, London, Kopenhagen und Sankt Petersburg. Mitarbeiter aus den Stiftungen unterstützten die Reformpolitik Peters des Großen beim Aufbau eines Bildungswesens in Russland. Der wohl berühmteste von den Wissenschaftlern aus den Franckeschen Stiftungen, die im Ausland wirkten, war Georg Wilhelm Steller (1709–1746), der an der zweiten Kamtschatkaexpedition unter dem dänischen Kapitän Vitus Bering teilnahm; er war der erste europäische Naturforscher auf Kamtschatka und Alaska, und mit seiner Forschung verband er die beiden Erdteile Asien und Amerika.

Francke heiratete 1694 Anna Magdalena von Wurm (1670–1734), die ihren Mann bei seinem religiösen Wirken unterstützte. Aus der Ehe gingen eine Tochter und zwei Söhne hervor. August Hermann Francke starb am 8. Juni 1727 in Halle, er wurde in der Familiengruft auf dem Stadtgottesacker beigesetzt.

Das Werk Franckes lebt bis heute in seinen Stiftungen fort, die nach wechselvollen Jahrzehnten wieder eine lebendige Institution mit einem kulturellen, wissenschaftlichen, pädagogischen und sozialen Auftrag in Anknüpfung an die alten Traditionen darstellen. Auf dem Stiftungsgelände erinnert seit 1829 ein von Christian Daniel Rauch geschaffenes Denkmal an den Gründer.

1853 erhielt die Franckestraße (bis 1881 Franckenstraße) zu Ehren des Stiftungsgründers ihren Namen. Im Jubiläumsjahr anlässlich des 350. Geburtstages von August Hermann Francke spendet die Internationale Georg-Wilhelm-Steller-Gesellschaft e. V. mit Sitz in Halle das Zusatzschild an der Franckestraße. Mit diesem Schild wird das Wirken August Hermann Franckes auch im Stadtbild nochmals stärker ins Bewusstsein gerückt und sein in Halle verankertes Lebenswerk gewürdigt.

Quelle:

  • Helmut Obst: August Hermann Francke und sein Werk. Halle 2013

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