Bildung im Vorübergehen:

Gustav-Hertzberg-Straße

Zusatzschild-Text:
Professor für Alte Geschichte in Halle, Regional- und Stadthistoriker, Ehrenbürger der Stadt
Spender:
gespendet von Ursula Rothe und von der Paul-Riebeck-Stiftung zu Halle an der Saale
Status:
realisiert am 22.08.2018

Gustav Hertzberg (1826–1907)

Gustav Friedrich Hertzberg wurde am 19. Januar 1826 in Halle geboren. Sein Vater Ludwig Hertzberg war aus Könnern hierher gezogen und als Arzt in den Franckeschen Stiftungen tätig. Die Mutter Friederike war eine Tochter des Erfurter Ratsapothekers Prof. Bucholz. Seine Schulausbildung erhielt Hertzberg zunächst auf einer privaten Grundschule, ab 1835 besuchte er das Pädagogium der Franckeschen Stiftungen, wo er 1843 bereits mit 17 Jahren das Abitur ablegte.

Er begann ein Studium der Theologie an der Universität Halle, interessierte sich aber bald mehr für die Geschichte und Sprachen des Klassischen Altertums. Nach zwei Semestern wechselte er an die Leipziger Universität und beschäftigte sich hier bei dem bekannten Orientalisten Heinrich Leberecht Fleischer auch mit orientalischen Sprachen. Im Herbst 1847 kehrte er noch einmal für zwei Semester nach Halle zurück und schloss sein Studium nun bei dem Klassischen Philologen Gottfried Bernhardy und dem Historiker Heinrich Leo ab, dessen lebendigen Vortrag er schätzte, dessen erzkonservative Ansichten er aber nicht teilte. Hertzberg wurde am 30. November 1848 promoviert und legte 1850 das Staatsexamen ab, beides mit hervorragender Beurteilung.

Im September 1850 kehrte Hertzberg als Lehrer an das Pädagogium der Franckeschen Stiftungen zurück, gab aber die wissenschaftliche Arbeit nicht auf. So konnte er sich im Sommer 1851 habilitieren und war nun Privatdozent für Alte Geschichte an der Universität Halle. Wie bereits die Dissertation war auch die Habilitation zeitentsprechend in Latein geschrieben und befasste sich mit einem Abschnitt der Geschichte des alten Griechenland. In der Folge verfasste Hertzberg zwei umfangreiche biographische Studien zu bemerkenswerten Politikern des Klassischen Griechenland: Alkibiades und Agesilaos II. Als Lehrer war er noch bis 1855 tätig.

Politisch war Hertzberg national-liberal orientiert. Im Frühjahr 1858 bekam er Gelegenheit, sich in dieser Richtung journalistisch zu betätigen. August von Bethmann Hollweg, bald darauf Kultusminister, berief ihn in der kurzen Neuen Ära der ersten Regierungsjahre des preußischen Königs Wilhelm I. zum Redakteur des „Preußischen Wochenblattes zur Besprechung politischer Tagesfragen“. Für zwei Jahre ging Hertzberg nach Berlin, kehrte dann aber wieder an die hallesche Universität zurück. Diese dankte es ihm im April 1860 mit der Verleihung einer außerordentlichen Professur für Alte Geschichte.

Als 1875 ein Historisches Seminar an der Universität gegründet wurde, wollte die Philosophische Fakultät diese außerordentliche zu einer ordentlichen Professur umwandeln, was – wie auch ein zweiter Versuch 1882 – scheiterte. Erst 1889 wurde eine ordentliche Professur für Alte Geschichte eingerichtet, dann aber aus Altersgründen mit Eduard Meyer besetzt. Hertzberg wurde jedoch zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt und hielt weiterhin Vorlesungen, bis zu seinem Tode 1907.

Neben seiner Lehrtätigkeit entfaltete Hertzberg eine umfangreiche wissenschaftlich-schriftstellerische Tätigkeit. Sein Hauptinteresse galt dabei der Geschichte Griechenlands, die er über die Antike hinaus bis in die Neuzeit verfolgte. Daneben stehen Darstellungen der römischen und byzantinischen Geschichte, aber auch eine Geschichte des großbritannischen Reiches im 19. Jahrhundert. Hertzbergs Verdienst ist dabei nicht eigene Detailforschung, sondern eine auf breiter Faktenkenntnis gegründete Gesamtdarstellung. Er verstand es, in fesselnder Sprache historische Entwicklungen nachvollziehbar zu machen, bemühte sich immer um ein ausgewogenes Urteil über die zahlreichen von ihm behandelten Protagonisten. Manche der Werke waren für eher breitere Leserkreise bestimmt, andere mit umfangreicheren Quellenangaben auch für das Fachpublikum angelegt. Es gibt einzelne Übersetzungen seiner Bücher in das Englische und Französische und Nachauflagen sogar aus jüngerer Zeit. Eine Geschichte des Römischen Kaiserreiches hat Hertzberg aus dem Französischen übersetzt.

Ebenso sehr wie für die allgemeinhistorischen Fragen interessierte sich Gustav Friedrich Hertzberg auch für die regionale Geschichte und besonders für seine Heimatstadt Halle. Gerade wegen der daraus entstandenen Arbeiten ist sein Name hier auch heute noch bekannt und hoch geschätzt. Bereits 1867 verfasste er eine kurze Zusammenfassung der halleschen Geschichte, zwischen 1889 und 1893 erschienen dann die drei Bände seiner „Geschichte der Stadt Halle an der Saale von den Anfängen bis in die Neuzeit“, die bis heute einen herausragenden Stellenwert besitzen. Auch hier verbinden sich umfangreiche Faktenkenntnis und lebendige Sprache zu einer geschlossenen Gesamtdarstellung. Ergänzt wird dieses Werk durch einige kleinere Arbeiten unter anderem zur Geschichte der Universität und des Waisenhauses und zur Bedeutung des Saaletales. Von 1866 bis 1870 wirkte Hertzberg als Redakteur des „Halleschen Tageblattes“.

Auch im gesellschaftlichen Leben der Stadt Halle spielte Hertzberg eine wichtige Rolle. Seit 1855 war er Mitglied im Thüringisch-Sächsischen Altertumsverein, übernahm 1888 das Amt des Vizepräsidenten und vertrat den Verein seit 1895 in der Historischen Kommission der Provinz Sachsen. Seit 1894 war Hertzberg auch Herausgeber der Mitteilungen des Vereins, er verfasste zahlreiche Rezensionen für diese Zeitschrift, hielt häufig Vorträge auf den Sitzungen und galt in diesen Jahren als der geistige Mittelpunkt des Vereins.

Daneben gehörte Hertzberg seit 1854 der Freimaurerloge „Zu den Drei Degen“ an. Er verfasste eine Geschichte der Loge, war längere Zeit ihr Redner und am Ende Ehrenmeister. Auch im Gustav-Adolf-Verein war Hertzberg aktiv und gab seit 1879 dessen Monatsblatt heraus. Die Familie führte sich auf einen schwedischen Offizier aus dem 30-jährigen Krieg zurück und die Förderung des Evangelischen Christentums war Hertzberg ein Anliegen. An der Universität schließlich war er nicht zuletzt für seine gelungenen Reden bei verschiedenen Anlässen bekannt, in weniger offiziellem Rahmen betätigte er sich auch dichterisch.

Gustav Friedrich Hertzberg war zweimal verheiratet, mit seiner ersten Frau, Rosalie Zimmermann, die er 1854 heiratete, hatte er zwei Töchter und einen Sohn, sie starb aber bereits 1859. Drei Jahre später wurde Auguste Ziebarth seine zweite Frau, mit der er eine Tochter hatte und die ihn überlebte. Die längste Zeit wohnte die Familie in der Luisenstraße 4, seine letzten Lebensjahre verbrachte er in der Bernburger Straße 2.

Hertzberg wird einhellig als einnehmende, vollkommen integre und allseits geachtete Persönlichkeit beschrieben, die sich durch Freundlichkeit und eine ruhige Souveränität auszeichnete, dabei aber keineswegs langweilig wirkte. Zu seinem außerordentlich reichen Lebenspensum befähigte ihn eine unermüdliche Energie und ein zuverlässiges Gedächtnis.

Zum Ende seines Lebens erfuhr Hertzberg zahlreiche Ehrungen, zu seinem 50-jährigen Doktorjubiläum erhielt er 1898 den Preußischen Kronenorden 3. Klasse, auch den Roten Adler Orden 4. Klasse trug er. Anlässlich seines 50-jährigen Dozentenjubiläums 1901 dankte ihm die Stadt Halle seine Verdienste mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft und 1906 wurde anlässlich seines 80. Geburtstages noch zu Lebzeiten eine Straße nach ihm benannt und er erhielt den Titel Geheimer Regierungsrat verliehen.

Gustav Friedrich Hertzberg starb am 16. November 1907, mitten aus einem bis zum Ende sehr aktiven Leben. Sein Grab befindet sich auf dem halleschen Stadtgottesacker.
Mehrere ausführliche Nachrufe bezeugen Hertzbergs hohes Ansehen in seiner Heimatstadt, auch später blieb die Erinnerung an ihn immer lebendig. Anlässlich seines 100. Todestages 2007 wurde auf Initiative der Vereine für hallische Stadtgeschichte, Ekkehard, Initiative für Halle und den Saalkreis und des Stadtarchivs an seiner letzten Wohnstätte in der Bernburger Straße 2 eine Gedenktafel angebracht. Im Lesesaal des Stadtarchivs ist er auf einem Gemälde präsent.

Henryk Löhr

Quellen:

  • Jahresbericht des Thüringisch-Sächsischen Vereins für Erforschung des vaterländischen Altertums und Erhaltung seiner Denkmale 1907/08, S. 5–9 (Theodor Lindner), S. 9–14 (Karl Heldmann)
  • Chronik der Universität Halle 1907/08, S. 23–24
  • Mitteldeutsche Lebensbilder 5 (1930), S. 404–414 (Heinrich Hertzberg)
  • Heimatkalender für Halle und den Saalkreis 1926, S. 68–72 (B. Weißenborn)
  • u.a.

zurück zur Übersicht

Bürgerstiftung Halle – Gemeinsam wird's mehr.

Diese Webseite nutzt Cookies

Diese Webseite nutzt Cookies zur Verbesserung des Erlebnisses unserer Besucher. Indem Sie weiterhin auf dieser Webseite navigieren, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden.