Bildung im Vorübergehen:

Joliot-Curie-Platz

Zusatzschild-Text:
Französisches Physikerehepaar, 1935 Chemienobelpreis für die Entdeckung der künstlichen Radioaktivität
Spender:
gespendet von KUTSCHER Rechtsanwälte und vom Trothaer Kreis (Prof. Dr. Egon Fanghänel, Prof. Dr. Wolfgang Fratzscher, Dipl.-Ing. Hartmut Koch, Prof. Dr. Ernst-Otto Reher, Prof. Dr. Rudolf Taube)
Status:
realisiert am 25.08.2016

Jean Frédéric Joliot-Curie, Irène Joliot-Curie

Die Stadt Halle möchte mit dem Joliot-Curie-Platz an das Ehepaar Frédéric und Irène Joliot-Curie erinnern, die 1935 den Chemienobelpreis für die Entdeckung der „künstlichen Radioaktivität“ erhalten hatten. Sie hatten mit alpha-Teilchen, das sind de facto Heliumatome, natürliche Elemente beschossen und so Isotope von Elementen erzeugt, die radioaktiv waren, also eine radioaktive Strahlung abgaben. Beide hatten sich kennen gelernt am Institut du Radium, das von der Mutter von Irène, der Nobelpreisträgerin Marie Curie, geleitet wurde. Sie heirateten 1926.

Frédéric wurde am 19. März 1900 in Paris geboren. Nach dem Studium kam er an das Institut von Marie Curie als Assistent. 1937 ging er als Professor an das College de France. 1956 übernahm er nach dem Tode seiner Frau deren Professur an der Sorbonne. Am 14. August 1958 ist er gestorben.

Irène wurde am 12. September 1897 in Paris geboren. Nach dem Studium arbeitete sie am Institut ihrer Mutter zunächst als unbezahlte wissenschaftliche Mitarbeiterin und später als Unterassistentin. 1937 wurde sie als Professorin an die Sorbonne berufen. Irène starb 1956 an Leukämie.

Seit 1928 arbeiteten Frédéric und Irène zusammen und beschäftigten sich mit Phänomenen der radioaktiven Strahlung. Sie hatten die Messgeräte zur Erfassung dieser Strahlung, die sog. Nebelkammern, weiterentwickelt. Damit konnten sie qualitative und quantitative Aussagen zu den Effekten dieser Strahlung machen. So gelang ihnen auch eine gültige Deutung der von ihnen erzeugten „künstlichen Radioaktivität“, die dann mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Die Bedeutung ihrer Entdeckung lässt sich kaum überbewerten. In der Biologie werden radioaktive Isotope verwendet, um Stoffwechselwege aufzuklären. In der Medizin dienen sie zur Diagnose und Therapie, z.B. zur Überprüfung der Schilddrüsenfunktion. Mit ihren Arbeiten erreichten sie ein tieferes Verständnis für Kernreaktionen überhaupt. So erkannten sie sofort nach der Entdeckung der Kernspaltung durch Hahn und Strassmann, welche großen Energiemengen dabei frei werden können. Sie begannen unmittelbar danach mit entsprechenden Experimenten.

Beide waren neben ihrer fachlichen Arbeit auch politisch stark engagiert. 1934 beteiligten sie sich an einem Aktionskomitee antifaschistischer Intellektueller. Und als 1936 die Volksfront unter Leon Blum die Wahlen gewann, trat Irène als Staatssekretärin für Wissenschaft und Forschung in die Regierung ein. Sie blieb nur drei Monate in diesem Amt. Es ging ihr aber darum, auf die Rechte der Frauen in Frankreich hinzuweisen, die damals noch nicht einmal das Wahlrecht hatten. Auch Frédéric war politisch außerordentlich aktiv. Er nahm seit 1940 aktiv am Widerstand der Résistence teil und schmuggelte seine Forschungsergebnisse über die Kernspaltung nach England. 1941 wurde er Präsident der nationalen Front des Widerstandes.

Nach dem Krieg wurde Frédéric Forschungsdirektor beim Centre national de la scientifique und 1946 Hochkommissar für Atomenergie. Irène wurde eine von drei Kommissaren des Hochkommissariats. 1948 leitete Frédéric den Bau des ersten französischen Atomreaktors. Diese Position musste er bald aufgeben, weil er sich zusammen mit seinem ganzen Team weigerte, am Bau einer französischen Atombombe mitzuwirken.

1950 wurde der Weltfriedensrat gegründet. Eine Institution, die sich der Erhaltung des Weltfriedens und der atomaren Abrüstung widmete. Der Weltfriedensrat hatte mehrere hundert Mitglieder aus allen Teilen der Erde. Frédéric wurde Präsident des Weltfriedensrates und nahm dieses Amt bis zu seinem Tode 1958 wahr. So war wohl auch der Anlass der Umbenennung des Universitätsplatzes in Joliot-Curie-Platz am 5.11.1954, also am Vortag des Jubiläums der Oktoberrevolution, vordergründig ein politischer.

Frédéric und Irène sind vielfach ausgezeichnet worden. Sie sind mehrfache Träger von Ehrendoktoraten und Mitglieder einer Anzahl wissenschaftlicher Akademien.

Über die Mutter von Irène lässt sich auch eine Verbindung zu Halle herstellen, denn Marie Curie wurde 1932 zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Marie Curie hatte 1903 gemeinsam mit ihrem Mann Pierre den Nobelpreis für Physik erhalten. Sie hatten die von Bequerel entdeckte Strahlung des Urans untersucht und dabei die Elemente Polonium und Radium aus einer großen Menge von Pechblende isoliert und insbesondere deren Strahlung ermittelt. Marie Curie prägte dafür den Begriff radioaktiv. Die weitere Untersuchung dieser Elemente und insbesondere die Herstellung von metallischem Radium waren Anlass, Marie Curie im Jahre 1911 den Nobelpreis für Chemie zuzuerkennen. Sie ist damit eine von vier Mehrfachnobelpreisträgern.

Im Namen des Trothaer Kreises
Wolfgang Fratzscher

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