Bildung im Vorübergehen:

Kirchnerstraße

Zusatzschild-Text:
Jurist, als Stadtrat und Syndikus Finanz- und Rechtsberater der Stadt, Ehrenbürger der Stadt Halle
Spender:
gespendet von Ulrike Schwetschke
Status:
realisiert am 20.06.2013

Gustav Adolf Theodor Kirchner (1805-1895)

Gustav Adolf Theodor Kirchner wurde am 25. September 1805 als zweiter Sohn des Hofrates Benjamin Theodor Kirchner und der Karoline Friederike Kirchner geboren. Der Vater entstammte einer alten Pastorenfamilie, als Ökonomie-Inspektor der Franckeschen Stiftungen war er eine in Halle hoch angesehene Persönlichkeit. Nach den Schuljahren an den Franckeschen Stiftungen und dem Studium der Rechte an der halleschen Universität wurde der Oberlandesgerichtsreferendar Gustav Kirchner im Alter von 27 Jahren am 4. Februar 1833 zum Stadtsyndikus im halleschen Magistrat gewählt. Kirchner unterlagen in diesem Amt die Belange der städtischen Finanzen und die Rechtsvertretung der Stadt. 1853 bestand das Magistrats-Kollegium aus neun Stadträten, von denen vier mit Gehalt angestellt waren – neben dem Bürgermeister und einem Polizei-Rat auch der Stadtsyndikus. 

In enger Zusammenarbeit mit dem Stadtrat Ludwig Wucherer förderte Kirchner die Anfänge der modernen Wirtschaft, besonders der halleschen Zuckerindustrie und den Ausbau des Eisenbahnknotenpunktes Halle. Seine Bemühungen galten zudem dem Armenwesen und dem Ausbau der Stadtsparkasse.

Als Mitglied des Magistrats war Gustav Kirchner Vorsitzender verschiedener dem Magistrat unterstellter Deputationen. So leitete er ab 1838 bis zum Ende seiner Amtszeit die Armen-Direktion. Unter seiner Führung kümmerten sich neben einem weiteren Magistratsmitglied, zwei Stadtverordneten und dem Rektor der Volksschule 24 Bezirksvorsteher und ihnen beigeordnete Armenväter um die Unterstützung bedürftiger Personen in Halle. Die Armen-Direktion stand in Verbindung mit der Wochenblatt-Deputation, deren Vorsitz einige Zeit auch in Kirchners Händen lag. Sie bestand aus einem Stadtrat als Vorsitzendem, dem jeweiligen Redakteur des Hallischen Patriotischen Wochenblatts, einem Deputierten der Stadtverordneten-Versammlung und vier Bezirksvorstehern. Sie entschieden in ihren Sitzungen „über die Verwendung des Reinertrags des genannten Blattes (jährlich ca. 1200 Thlr.) zu Gunsten hiesiger verschämter Armer“. Außerdem unterstützte die Armen-Direktion den Frauenverein für Waisenpflege mit der Zuweisung der „Pfleglinge“ und der Zahlung von Pflegegeld sowie bei Bedarf von Zuschüssen zu Kleidung für die Waisenkinder. Ab 1861 stand Kirchner der auch dem Magistrat unterstellten Gottesacker-Verwaltung vor. Gustav Kirchner war zudem Magistratslehnsträger für verschiedene Flurstücke am Böllberger Weg und in der Schkopauer Mark sowie für den Redelschen Garten (neuer Gottesacker).

In den Akten des Magistrats findet sich Kirchners Unterschrift auf zahlreichen Schriftstücken, die in irgendeiner Weise mit den Finanzen der Stadt zusammenhängen: bei der Prüfung von Rechnungen, bei der Vergabe der städtischen Gelder für verschiedene Bauprojekte, im Zusammenhang mit dem 1843 zur Unterstützung der armen und kranken Bevölkerung gegründeten Siechenhausfonds. Hier trat Kirchner 1854 den Magistrat vertretend als Käufer gegenüber dem Gärtner Johann Gottlieb Dönitz auf. Gärtner Dönitz verkaufte sein Haus und Grundstück in Oberglaucha für den Bau eines städtischen Siechenhauses zur Unterbringung der Kranken (der heutige Komplex stammt aus dem Jahr 1892).

Von 1843 bis 1849 war Kirchner Deposital-Cassen-Curator am Patrimonial-Landgericht mit Sitz am Harz in Halle, welches den Justizbehörden vom Königl. Hochlöbl. Ober-Landes-Gericht zu Naumburg unterstand. Von 1847 bis 1868 leitete Kirchner die Königliche Prüfungskommission für Bauhandwerker (Sitz: vor dem Rannischen Thore Nr. 7), die aus sechs Mitgliedern der Handwerksberufe bestand (dem Bau-Inspektor, Zimmermeistern, Maurermeistern und Steinhauermeistern). Im Jahre 1865 übernahm Kirchner das Amt des Ausführungskommissars für Veranlagung der Gebäudesteuer im Stadtkreis Halle von dem bisherigen Inhaber Obergeometer Henßen.

Gustav Kirchner war verheiratet und hatte drei Kinder. Die Familie wohnte an wechselnden Orten in Halle, u. a. in der Rannischen Straße, vor dem Steinthore, vor dem Rannischen Thore und am Steg. Vormittags von 10:00 bis 12:00 Uhr war Kirchner im Rathaus für die Öffentlichkeit zu sprechen.

Nach 39 Jahren Amtszeit legte Gustav Kirchner seine Ämter nieder. Anlässlich seines Ausscheidens aus dem städtischen Dienst beschloss die Stadtverordnetenversammlung, ihm das Ehrenbürgerrecht der Stadt Halle zu verleihen. In der Verleihungsurkunde dankt die Stadt Kirchner für seine „langjährigen treuen Dienste namentlich in Wahrnehmung der Rechte der Gemeinde und in der Fürsorge für ihre Hilfsbedürftigen und Armen.“

Mit der Aufgabe seines Amtes verließ Gustav Kirchner seine Heimatstadt Halle und zog ins thüringische Schleusingen. Während eines Aufenthalts bei Verwandten in Magdeburg starb er am 6. März 1895 und wurde auf dem Friedhofe vor dem Krökentor beerdigt. Noch in seinem Todesjahr wurde eine Straße nahe des Bahnhofs nach ihm benannt.

Antje Löhr-Dittrich


Quellen:

  • StaH FA 2700 Gustav Adolf Theodor Kirchner (Korrespondenz zwischen Dr. Ferdinand Kirchner [Enkel des Gustav Kirchner], Lubmin und dem Stadtarchiv Halle 1947/1948)
  • www.halle.de => ehrenbuerger_einzeldarstellungen_030712
  • Adressbücher der Stadt Halle
  • Knauth, Franz: Wegweiser durch Halle und seine Umgebungen. Halle 1853. 

 

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