Bildung im Vorübergehen:
Kurt-Tucholsky-Straße
- Zusatzschild-Text:
- Journalist, Schriftsteller, Gesellschaftskritiker, Pazifist
- Spender:
- gespendet von Dipl.-Med. Stefan Linke
- Status:
- realisiert am 25.05.2018
Kurt Tucholsky (1890-1935)
Am 9. Januar 1890 wurde Kurt Tucholsky als erster Sohn des Kaufmanns Alex Tucholsky und dessen Ehefrau Doris (geb. Tucholski, eine Cousine 2. Grades) in Berlin-Moabit geboren. Zunächst ging er in Stettin zur Schule, wohin der Vater als Direktor der Berliner Handelsgesellschaft versetzt wurde. Nach dem Besuch des französischen Gymnasiums und des Königlichen Wilhelmsgymnasium in Berlin legte er sein Abitur als Externer nach privater Vorbereitung ab und begann im Anschluss 1909 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Berliner Universität. Das Sommersemester 1910 verbrachte er an der Universität Genf.
Bereits als Abiturient hatte Tucholsky sein erstes Stück „Märchen“ anonym in der satirischen Beilage des Berliner Tageblatts „Ulk“ veröffentlicht (1907). Zwischen April 1911 und Juli 1914 arbeitete er an der Parteizeitung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Vorwärts mit. Parallel dazu schrieb er u. a. für die Literatur- und Kunstzeitschrift Pan, die satirische Wochenschrift Simplicissimus und das Prager Tageblatt. Seine redaktionelle Mitarbeit in der von Siegfried Jacobsohn herausgegebenen Schaubühne begann 1913. Für seine thematisch unterschiedlichsten Beiträge erschuf Kurt Tucholsky vier charakterlich verschiedene Pseudonyme Ignaz Wrobel, Peter Panter, Theobald Tiger und ab 1918 auch Kaspar Hauser, welche die Essays, Glossen, Satiren, Gedichte, Feuilletons und Buch- und Theaterkritiken unterzeichneten, auf Leserpost reagierten und später auch größere Werke veröffentlichten. Die erste größere literarische Veröffentlichung war 1912 „Rheinsberg, ein Bilderbuch für Verliebte“ mit Zeichnungen von Kurt Szafranski.
Nach seiner Promotion zum Dr. jur. 1915 (Thema der Dissertation: Die Vormerkung aus § 1179 BGB. und ihre Wirkungen. – das Löschungsrecht bei einer Hypothek) wurde Tucholsky als Armierungssoldat zur baltischen Ostfront eingezogen. In Autz (Lettland) arbeitete er als Bibliotheksverwalter der Artillerie-Fliegerschule Ost und war Mitarbeiter der wöchentlich erscheinenden Feldzeitung Der Flieger. Im April 1918 wurde er zum Vizefeldwebel befördert und zur Feldpolizei nach Rumänien abkommandiert. Im Frühsommer desselben Jahres ließ sich Kurt Tucholsky taufen, aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft war er bereits vor Kriegsausbruch ausgetreten.
Direkt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs trat Tucholsky die Stelle des Chefredakteurs des „Ulk“ an, die er die kommenden zwei Jahre innehatte. Gleichzeitig lieferte er Artikel und Aufsätze für den Feuilletonteil des Berliner Tageblatts und der Berliner Volkszeitung, denen der „Ulk“ beigelegt wurde. Mit anderen gründete er 1919 den Friedensbund der Kriegsteilnehmer, der die „Nie-wieder-Krieg“-Bewegung ins Leben rief. Er engagierte sich in dem von ihm im März 1921 mitbegründeten republikanischen Reichsbund und wurde aktives Mitglied im Bund Neues Vaterland, der sich 1922 in Deutsche Liga für Menschenrechte umbenannte. Der Kontakt zur Weltbühne (ehemals Schaubühne) war auch über die Kriegsjahre nicht unterbrochen – diese Wochenzeitschrift wurde bis 1923 sein wichtiges publizitisches Organ.
Von Mai 1920 bis zur Auflösung der Partei im Oktober 1922 arbeitete Tucholsky für die Presse der Unabhängigen Sozialdemokraten. Er gehörte zu den ständigen Autoren der Tageszeitung Freiheit (Berliner Organ der USPD) und für die illustrierte Wochenzeitschrift Freie Welt. Beigetreten war er der Partei bereits zwei Jahre zuvor, nachdem sie sich von der SPD gelöst hatte. Vorrangige Themen waren auch hier die Kritik an den herrschernden politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Neben seiner publizistischen Tätigkeit trat Tucholsky auch auf Versammlungen als Redner auf.
Zwischen 1919 und 1924 schrieb Kurt Tucholsky auch Stücke, Gedichte, Lieder, „witzig-kritische, freche“ Chansons fürs Berliner Kabarett. Mit den Berühmtheiten der Bühne war er befreundet. Tucholsky spielte Klavier und zuweilen vertonte er seine Texte selbst. Als er in der Zeit der Inflation als Schriftsteller keine finanziellen Einnahmen mehr verbuchen konnte, trat er als Volontär ins „Bankhaus Bett, Simon & Co.“ ein und wurde dort später Privatsekretär des früheren Finanzministers Hugo Simon.
Von 1924 bis 1928 lebte Tucholsky in Paris als Korrespondent der Weltbühne und lieferte zusätzlich Artikel, Übersetzungen und ein journalistisches Tagebuch an die Vossische Zeitung des Ullstein-Verlags. Mit seinen Artikeln setzte er sich für die Verständigung mit Frankreich ein. Für die Berliner Illustrierte und andere illustrierte Zeitschriften entstanden Bildgedichte und andere Gebrauchslyrik. Für den Ullstein-Verlag wirkte er an dem Konzept eines neuen populären Magazins Uhu mit, für welchen er zwischen 1924 und 1931 lustige Geschichten, Humoresken, Plaudereien aus dem Leben in der Großstadt und auf Reisen lieferte.
Als der Herausgeber der Weltbühne und Tucholskys Mentor Siegfried Jacobsohn 1926 starb, übernahm Tucholsky die Chefredaktion der Zeitschrift, die er sich später mit Carl von Ossietzky teilte und sie dann vollständig an den Kollegen abgab. Unter Tucholskys Chefredaktion wurde die Unterstützung der Roten Hilfe Deutschlands ein zentrales Thema der Weltbühne. Zusammen mit weiteren siebzehn Autoren, u. a. Alfred Döblin, Johannes R. Becher, Walther Mehring, Bertolt Brecht gründete er im November 1925 die „Gruppe 25“, um sich gegen die Bedrohung der Freiheit des geistigen und künstlerischen Schaffens zu wehren. Tucholsky wirkte aktiv mit in Friedensorganisationen in Paris und Berlin. 1926 wurde er in den Vorstand der Liga der Menschrechte gewählt und Mitglied der Gruppe Revolutionärer Pazifisten.
Im Rowohlt-Verlag veröffentlichte er erfolgreich zwei Bände seiner gesammelten Schriften: 1927 Mit 5 PS, 1928 Das Lächeln der Mona Lisa. 1929 folgte das Buch Deutschland, Deutschland über alles, eine politische Reportage, eine satirische Revue über das Land, die er gemeinsam mit John Heartfield fertigte. Nachdem er den Sommer 1929 in Schweden verbracht hatte, nahm er im darauffolgenden Jahr seinen ständigen Wohnsitz im schwedischen Hindås bei Göteborg. Hier entstand 1931 seine zweite Sommergeschichte „Schloß Gripsholm“.
Am 23. August 1933 wurde Kurt Tucholsky von den Nationalsozialisten ausgebürgert, seine Werke verbrannt. Er bemühte sich um die schwedische Staatsbürgerschaft und erhielt 1930 einen schwedischen Ausländerpass. Zunehmend quälten ihn gesundheitliche Probleme. Am 19. Dezember 1935 starb Kurt Tucholsky an einer Überdosis Tabletten. Er ist unter einer Eiche nahe Schloss Gripsholm auf dem Dorffriedhof von Mariefred begraben.
Kurt Tucholsky war zweimal verheiratet. Seine zweite Ehefrau Mary Gerold (1898-1987) betreute nach seinem Tod den Nachlass. Sie gründete das Kurt-Tucholsky-Archiv und die Kurt-Tucholsky-Stiftung.
Quellen:
- Helga Bemmann: Kurt Tucholsky. Ein Lebensbild. Berlin, 1990.
- Text+Kritik. Zeitschrift für Literatur. Heft 29: Kurt Tucholsky. München 1985.
- http://www.kurt-tucholsky.info/lebenslauf