Bildung im Vorübergehen:

Ludwig-Stur-Straße

Zusatzschild-Text:
Philologe, Schriftsteller und Politiker, Student in Halle, Schöpfer der slowakischen Literatursprache
Spender:
gespendet von Gesprächskreis für Deutsche, Tschechen und Slowaken
Status:
realisiert am 29.10.2015

Ludwig Stur (1815-1856)

Die Slowakei war im 18. Jahrhundert Teil des Königreiches Ungarn, das durch behördliche Verordnungen die magyarische Sprache, Politik und Kultur allen Bevölkerungsgruppen des Landes aufzwingen wollte. Zur gleichen Zeit erwachten aber auch unter den Slowaken ein Nationalgefühl und die Suche nach einer einheitlichen Nationalsprache. Es entstanden zwei Strömungen: Die slowakischen Katholiken nutzten eine aus dem westslowakischen Dialekt entstammende Schriftsprache, die slowakischen Protestanten ein leicht slowakisiertes Tschechisch. Ludwig Stur schließlich erhob den mittelslowakischen Dialekt zur Schriftsprache und führte eine neue, noch heute gültige phonetische Orthographie ein.

Ludwig Stur, eigentlich L’udovít Štúr, wurde am 29. Oktober 1815 in Uhrovec bei Bánovce nad Bebravou in der Westslowakei geboren. Er war das zweite von fünf Kindern des Lehrers Samuel Stur und seiner Frau Anna Sturova, geb. Michalcova. 1827 besuchte er das Gymnasium in Rabu (heute Györ in Ungarn). Sein dortiger Lehrer Leopold Petz brachte ihm slowakische Literatur und Tradition näher. Von 1829 bis 1834 lernte er am Evangelischen Lyzeum in Pressburg (heute Bratislava), wo die tschechische Sprache gesprochen wurde. Ab dem Schuljahr 1836/37 unterrichtete Stur hier tschechische und polnische Grammatik und Geschichte. 1838 schrieb sich Ludwig Stur an der theologischen Fakultät der halleschen Universität ein. Er studierte ausführlich die Philosophien Hegels und Herders, welche seine Weltanschauung stark beeinflussten. Zwei Jahre später kehrte er wieder an das Lyzeum in Pressburg zurück.

1835 hatte Ludwig Stur den Vorsitz des sechs Jahre zuvor gegründeten Vereins Tschechisch-Slowakische Gesellschaft übernommen, zu deren Aufgaben die politische Aufklärung der slowakischen Bevölkerung und die Herausgabe von volkssprachlicher Literatur gehörte und welcher 1837 von den Behörden verboten wurde. Weil er sich vehement gegen die Magyarisierung des slowakischen Volkes einsetzte, wurde Ludwig Stur 1844 von der ungarischen Regierung seines Lehramtes enthoben. Seine Studenten verließen aus Protest die Schule. Während eines Protestzuges gegen die Absetzung ihres Lehrers entstand das Lied „Nad Tatrou sa blýska“ („Über der Tatra blitzt es“), noch heute die Nationalhymne der Slowakei.

In der darauffolgenden Zeit veröffentlichte Stur seine wichtigsten Werke zur Kodifizierung der slowakischen Schriftsprache „Die Lehre über die slowakische Sprache“ (1846) und das 1844 geschriebene Werk „Die Slowakische Mundart oder die Notwendigkeit des Schreibens in dieser Mundart“ (1846). Die von ihm 1845 gegründete Zeitung Slovenské národnie Novini (Slowakische Nationalzeitung) enthielt die literarische Beilage Orol Tatranski (Der Adler von der Tatra), die Stur bereits in der von ihm neu festgesetzten Sprache verfasste.

1847 wurde Stur in den ungarischen Landtag in Pressburg gewählt, wo er sich besonders für die Belange der Slowaken gegenüber den Ungarn einsetzte. Zum ersten Mal wurden hier die slowakischen Anliegen wie Abschaffung der Hörigkeit (der Bauern), Verwendung der slowakischen Sprache in niederen Schulen offiziell vor der großen Politik vertreten. 1848 wurde unter Sturs Mitwirkung der slowakische Nationalrat gegründet. Auch an der Erklärung der Lostrennung der Slowakei von Ungarn war er beteiligt.

Neben seinen Werken über die slowakische Sprache verfasste Ludwig Stur mehrere Schriften in deutscher Sprache, in denen er die Rechte der Slowaken gegen die Magyaren verteidigte. Außerdem schrieb er patriotische Gedichte und sammelte slowakische Volkslieder und Märchen.

Nach einem Jagdunfall 1855 starb er am 12. Januar des darauffolgenden Jahres in Modern. Er hatte eine ganze Generation slowakischer junger Intellektueller so sehr geprägt, dass sie Sturovska generacia genannt wurde. Ihm zu Ehren erhielt 1948 eine slowakische Stadt den Namen Štúrovo. Auch ein Planetoid trägt seinen Namen. Die Slowakische Akademie der Wissenschaften vergibt als höchste Auszeichnung die Ľudovít-Štúr-Goldmedaille. In Halle wurde im Jahre 2004 vom damaligen Staatspräsidenten Mikulas Dzurinda eine von der slowakischen Regierung gestiftete Büste Ludwig Sturs im Garten der Universitäts- und Landesbibliothek eingeweiht. Zu seinem diesjährigen 200. Geburtstag zeigt die slowakische 2-Euro-Münze das Porträt Ludwig Sturs.

Antje Löhr-Dittrich

Quellen:

  • Info-Blatt von Hans-Jürgen Gericke, Gesprächskreis für Deutsche, Tschechen und Slowaken.
  • Verschiedene Seiten von Wikipedia bezüglich Ludwig Sturs und der Geschichte der Slowakei.

zurück zur Übersicht

Bürgerstiftung Halle – Gemeinsam wird's mehr.

Diese Webseite nutzt Cookies

Diese Webseite nutzt Cookies zur Verbesserung des Erlebnisses unserer Besucher. Indem Sie weiterhin auf dieser Webseite navigieren, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden.