Bildung im Vorübergehen:

Martha-Brautzsch-Straße

Zusatzschild-Text:
Mitglied der KPD-Bezirksleitung Halle-Merseburg
1945/46 Mitbegründerin antifaschistischer Frauenausschüsse
von marodierenden Soldaten ermordet
Spender:
gespendet von Ursula Rothe, deren Mutter mit Martha Brautzsch befreundet war, und von DIE LINKE. Stadtverband Halle (Saale)
Status:
realisiert am 17.04.2019

Martha Brautzsch (1907-1946)

Martha Brautzsch wurde am 17. Juli 1907 als zweite Tochter des Steinsetzers Karl Ganzer in Halle geboren. Sie besuchte die Glauchaer Weingärten-Schule, anschließend die Handelsschule. Bereits in ihrer Jugend gehörte sie dem Kommunistischen Jugendverband an. Im Alter von 17 Jahren trat sie der KPD bei und arbeitete bald für die KPD-Bezirksleitung Halle-Merseburg. 1928 wurde sie zur Feier der „Großen Sozialistischen Oktoberrevolution“ in die Sowjetunion delegiert. 1932 kandidierte sie für den Preußischen Landtag.

Im März 1933 wurde sie wegen des Verdachts antifaschistischer Tätigkeit verhaftet, bis Mai desselben Jahres befand sie sich im Polizeigewahrsam im Frauengefängnis Barnimstraße in Berlin. Zwischen Oktober 1933 und Mai 1934 verbrachte sie acht Monate in Untersuchungshaft in Halle und Berlin. Von der Anklage wegen Vorbereitung zum Hochverrat vor dem Kammergericht Berlin wurde sie freigesprochen. Der weiteren Verurteilung und Verfolgung durch das NS-Regime entging Martha Brautzsch. Ihr Mann Max Brautzsch war in dieser Zeit mehrfach in KZs inhaftiert. Ihre beiden Kinder wurden in dieser Zeit geboren. Wie viele andere unauffällige Bürger engagierte sich Martha Brautzsch im Stillen im Widerstand. Frank Hirschinger berichtet davon, dass sie einer Gruppe hallescher Kommunisten angehört haben soll, die sich als Schachzirkel getarnt trafen, um den Moskauer Rundfunk zu hören und politisch zu diskutieren.

Als sich am 23. April 1945, nach der Besetzung der Stadt Halle durch US-Truppen, die hallesche KPD-Parteileitung konstituierte, gehörte ihr auch Martha Brautzsch an. Im Sommer wurde sie Mitglied der KPD-Bezirksleitung der Provinz Sachsen. Sie war zuständig für den Bereich Frauenarbeit. In leitender Funktion als erste Vorsitzende des Provinzialfrauenausschusses und Sekretärin der Frauenbewegung der KPD für die Provinz Sachsen förderte sie die Bildung von etwa 400 antifaschistischen Frauenausschüssen. Diese übernahmen beim Wiederaufbau des Landes vor allem soziale und betreuende Aufgaben. Unter anderem kümmerten sie sich um Schulunterricht und Krankenhilfe, um menschenwürdige Unterkünfte der Umsiedlerfamilien und um die Gleichberechtigung der Frauen in den Betrieben, um die Mitwirkung von Frauen im öffentlichen Leben und in den Ämtern.

Martha Brautzsch beteiligte sich an mehreren Konferenzen zur Einheit der Arbeiterklasse. Im Hinblick auf den gerade überstandenen Zweiten Weltkrieg sah sie das Gelingen einer demokratischen Wirtschaft mit dem Mitbestimmungsrecht der Arbeiter durch die Gewerkschaften und Betriebsräte nur auf der Grundlage einer einheitlichen Arbeiterbewegung unter der Führung einer einheitlichen Arbeiterpartei. So gehörte sie auch dem am 6. Februar 1946 gegründeten Organisations-Komitee der Provinz Sachsen aus Mitgliedern der KPD und der SPD an, welches den Zusammenschluss der beiden Parteien vorbereitete.

Am 8. Dezember 1946 sprach Martha Brautzsch auf Frauentagsveranstaltungen in Delitzsch und Torgau. Auf dem Rückweg nach Halle wurde sie in den Morgenstunden des 9. März mit ihrem Fahrer Wilhelm Leimer in der Nähe der Ortschaft Kospa bei Eilenburg erschossen. Die Opfer wurden wenig später im Straßengraben entdeckt. Auto, Papiere und Unterlagen waren verschwunden. Ein Täter wurde offiziell nicht gefunden. Die kommunistische Presse ließ bald danach verlauten, den Mord hätten „Volksfeinde“, „niedrige Subjekte“, „Werkzeuge der Reaktion“ zu verschulden. Eine handgeschriebene Notiz über eine telefonische Durchsage der Bezirksverwaltung Merseburg vom 4. April 1946 deutet jedoch daraufhin, dass es sich bei dem Mörder um einen Täter aus den Reihen der sowjetischen Streitkräfte handelte, von dem nach seiner Flucht aus dem russischen Krankenhaus in Halle jede weitere Spur fehlte.
Auf dem Südfriedhof in Halle ist Martha Brautzsch begraben.

Quellen:

  • Frank Hirschinger: Brautzsch, Martha, geb. Ganzer. In: Eva Labouvie (Hrsg.): Frauen in Sachsen-Anhalt, 2: Ein biographisch-bibliographisches Lexikon vom 19. Jh. bis 1945, Wien, Köln, Weimar 2019
  • Frank Hirschinger: Fälschung und Instrumentalisierung antifaschistischer Biographien : das Beispiel Halle/Saale 1945 – 2005. Göttingen 2007
  • Elke Stolze: Frauen in den Straßen von Halle. Eine kleine Topographie mit biographischen Skizzen. Courag e. V., Halle 1994.
  • Stadtarchiv Halle, Familienarchiv 237, Brautzsch, Martha

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