Bildung im Vorübergehen:

Nikolaus-Weins-Straße

Zusatzschild-Text:
Hallescher Frauenarzt, Leiter des Roten Kreuzes, beteiligt an der Bewahrung Halles vor der Zerstörung am Kriegsende 1945
Spender:
gespendet von Jutta Willner und von Anwohnern der Nikolaus‐Weins‐Straße auf Initiative von Dr. Wolfgang Keller
Status:
realisiert am 11.04.2014

Nikolaus Weins (1892-1952)

Einer der wichtigen Männer, die im April 1945 die Stadt Halle vor der Zerstörung durch einen amerikanischen Bombenangriff bewahrten und dabei ihr Leben riskierten, war der Frauenarzt Dr. Nikolaus Weins.

Er wurde am 25. April 1892 als Sohn eines Metzgers in Trier geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters führte die Mutter das Geschäft weiter. Weins studierte Medizin in Straßburg und Kiel und wirkte im Ersten Weltkrieg als Militärarzt.

1919 kam er an das Militärhospital in Halle. Später ging er ins Elisabeth-Krankenhaus und wollte dort in der Chirurgie tätig werden, aber es sollte anders kommen. Er absolvierte eine Ausbildung in der Gynäkologie und Geburtshilfe und arbeitete ab 1920 an der Universitätsklinik bei Prof. Dr. Sellheim. Hier lernte er auch seine spätere Ehefrau, eine Hebamme kennen. Das Ehepaar Weins wohnte am heutigen Georg-Schumann-Platz.

1928 eröffnete Weins mit seinem Kollegen Dr. von Lippmann eine Praxis in der Leipziger Straße 52, ab 1932 betrieb er eine gynäkologische Privatklinik in der Gütchenstraße 19. Bis zu 50 Betten hielt er für seine Patientinnen bereit. Als Frauenarzt und Geburtshelfer war er in Halle sehr bekannt und beliebt.
Ebenfalls 1932 wurde Weins Mitglied im Deutschen Roten Kreuz und drei Jahre später dessen regionaler Leiter. In dieser gerade während der folgenden Kriegszeit besonders wichtigen Funktion organisierte er gemeinsam mit seiner Ehefrau u. a. die Schulung von Krankenschwestern, die Betreuung von Verwundetentransporten und die Bergung von Verwundeten bei Bombenangriffen.

Nikolaus Weins spielte Geige und betätigte sich als Hobbymaler. Unter dem Spitznamen „Speckulaus“ war er Mitglied der „Schlaraffia“, einer logenartigen Vereinigung, die von den Nationalsozialisten verboten wurde. Über den akademischen Kegelklub und studentische Verbindungen war Weins mit Felix Graf Luckner bekannt.

Am 7. Februar 1952 starb Nikolaus Weins infolge eines Herzinfarkts. Er wurde auf dem Gertraudenfriedhof beigesetzt.

Aufgrund seiner Bekanntheit und seiner Verbindungen spielte Dr. Weins eine wichtige Rolle bei der Übergabe der Stadt Halle an die Amerikaner im April 1945. Zum einen trat er als Mittler auf. Am 16. April, als die 104. Division der US-Armee, die „Timberwölfe“, bereits die Stadt erreicht hatten, zogen hunderte Frauen aus Glaucha mit ihren Kindern zum Markt, um vom Kampfkommandanten Rathke zu fordern, die Stadt zu übergeben. Weins überbrachte diese Forderung dem Kommandanten.

Die Amerikaner setzten der Stadt ein Ultimatum. Die deutschen Truppen sollten sich aus der Stadt zurückziehen, andernfalls würde die Stadt von den amerikanischen Bombern zerstört. Während sich eine Gruppe um den Chemiker Prof. Theodor Lieser darum bemühte, die Bevölkerung vom Heraushängen weißer Fahnen zu überzeugen und damit die Bereitschaft der kampflosen Übergabe der Stadt zu zeigen, unterstützte Dr. Weins diese Bemühungen an einer anderen Stelle. Felix Graf Luckner, der aus dem ersten Weltkrieg auch bei den Amerikanern bekannte Seeheld, wurde gebeten mit den Amerikanern hinter der Frontlinie zu verhandeln. Dr. Weins stellte ihm und seinem Begleiter Major a.D. Karl Huhold für diese Mission einen Wagen des Deutschen Roten Kreuzes zur Verfügung. Tatsächlich gelang es, den kommandierenden General Terry de la Mesa Allen zu bewegen, das Bombardement auszusetzen. Die verbliebenen deutschen Truppen zogen sich nach Süden zurück und die Amerikaner konnten die Stadt von Norden her einnehmen. Am 19. April waren die Kampfhandlungen beendet und Halle befreit. Dank des Einsatzes besonnener Bürger, zu denen Dr. Nikolaus Weins gehörte, wurde Halle vor der Vernichtung bewahrt.

Aufgrund seiner Verdienste wurde 1992 eine neu angelegte Straße in der Nähe des Krankenhauses Dölau nach Nikolaus Weins benannt. Seit einigen Jahren wird in Halle auf Initiative der Felix Graf von Luckner Gesellschaft am 19. April des bemerkenswerten Kriegsendes in Halle gedacht. 2012 wurde am Kaufhaus auf der Südseite des Marktplatzes (Thalia-Buchhandlung) eine Gedenktafel eingeweiht, die unter den Rettern Halles auch Nikolaus Weins namentlich würdigt.

Quellen:

  • Stadtarchiv Halle Familienarchiv FA 3005 Weins, Nikolaus Dr. med., da v. a. der Artikel von Wolfgang Boeckh: „Daß Kinder immer gerade zu Feiertagen ankommen müssen“ in der Mitteldeutschen Zeitung Nr. 97 vom 25.04.1992
  • Ernst Ludwig Bock, Übergabe oder Vernichtung (1993)

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