Bildung im Vorübergehen:

Semmelweisstraße

Zusatzschild-Text:
Chirurg, Professor für Geburtshilfe, Begründer der Antisepsis, „Retter der Mütter“
Spender:
gespendet von Dorothee Fischer, Anwohnerin und Geschäftsführerin der Villa Jühling in der Semmelweisstraße
Status:
Vorschlag

Ignaz Philipp Semmelweis (1818 – 1865)

Ignaz Philipp Semmelweis wurde am 1. Juli 1818 in Tabán, einem Stadtteil von Ungarns damaliger Hauptstadt Buda als fünftes Kind einer deutschsprechenden Bürgerfamilie geboren. Um seine ungarische Nationalität zu betonen, nutzte er selbst die ungarische Form seines Namens Ignác Fülöp.
Sein Vater Jószef Semmelweis war Kaufmann, seine Mutter Terézia, geb. Müller, Tochter eines aus Bayern eingewanderten wohlhabenden Fährmanns.

Nach dem Besuch des katholischen Gymnasiums in Buda begann Ignaz Semmelweis im Herbst 1837 ein Jurastudium in Wien. Schon im darauffolgenden Jahr schrieb er sich im Fach Medizin ein, wo er mit einer Arbeit über ein naturwissenschaftliches Thema 1844 promoviert wurde. Er arbeitete dann zunächst als „Externer Aspirant“, besuchte Geburtshilfekurse, erhielt 1845 seinen Magistergrad in Hebammenlehre und graduierte als „operierender Chirurg“. Gleichzeitig besuchte er das Institut für pathologische Anatomie, wo er in den frühen Morgenstunden regelmäßig Autopsien, vor allem an Leichen aus der Geburtsklinik, durchführte. Im Juli 1846 wurde Semmelweis mit 28 Jahren Assistent in der ersten Abteilung der Geburtshilflichen Klinik des Allgemeinen Krankenhauses in Wien.

Hier wurde er mit der hohen Sterblichkeit der gebärenden Frauen durch das Kindbettfieber konfrontiert. Während in der von Hebammen geführten Abteilung der Klinik nur wenige Frauen erkrankten und starben, war die Sterblichkeit in der ärztlichen Klinik extrem hoch. Seine ärztlichen Kollegen sahen die Gründe in noch unbekannten atmosphärischen, kosmischen oder tellurischen, das heißt erdgebundenen, Faktoren. Semmelweis wollte die Sterbefälle nicht als gottgegebenes Übel akzeptieren und forschte nach den Ursachen. Er untersuchte die Sterbefälle seit Anbeginn des Bestehens der Klinik und kam zu dem Schluss, dass diese seit Einführung der pathologischen Untersuchungen bedeutend zugenommen hatten. Zur Aufgabe der Ärzte in Semmelweis‘ Abteilung gehörte die Leichenschau. Die jeweiligen Ärzte kamen oft direkt aus der Pathologie zu den Gebärenden, ohne sich die Hände zu waschen oder zu desinfizieren. Als ein Kollege sich bei einer Sektion am Finger verletzte und an der daraus resultierenden Blutvergiftung starb, erkannte Semmelweis die gleichen Symptome wie bei seinen Wöchnerinnen. Er ersann daraufhin ein Hygienekonzept, das aus Waschungen mit Seife und Chlorwasser bestand. Außerdem mussten fortan auch die Geräte mit Chlor gereinigt und das Bettzeug regelmäßig gewechselt und gewaschen werden. Die Sterberate sank daraufhin signifikant. Dennoch weigerten sich die gestandenen Professoren, diese offenkundige Ursache anzuerkennen.

Semmelweis kehrte im Oktober 1850 nach Pest zurück. Von 1851 bis 1857 leitete er (ehrenamtlich) die Geburtsstation des St. Rochus-Spitals, die er von der chirurgischen Abteilung trennte und wo er das medizinische Personal dazu verpflichtete, vor jeder Untersuchung die Hände zu desinfizieren. Für seinen Lebensunterhalt führte Semmelweis eine angesehene Privatpraxis. Ab Juli 1855 wurde Semmelweis als Professor für theoretische und praktische Geburtshilfe an die Universität Pest berufen, wo er seine Geburtsstation erfolgreich und unter akribischer Aufsicht seiner hygienischen Maßnahmen leitete.

Erst 1861 veröffentlichte er auf Drängen seiner Freunde seine Erkenntnisse. Da sein Werk nicht überall die erwünschte Anerkennung fand und deshalb weiterhin zahlreiche Patientinnen sterben mussten, verfasste er im Anschluss offene Briefe an die Kollegen, die seine Entdeckung ignorierten und bezeichnete sie darin als „Mörder der Gebärenden“. Da die Wirksamkeit der Maßnahmen offenkundig war, haben einige dieser Kollegen die Waschungen ausgeführt, jedoch gleichzeitig weiter gegen Semmelweis argumentiert.

Mitte Juli 1865 erkrankte Semmelweis offenbar an einem Nervenfieber. Am 31. Juli wurde er in Begleitung seiner Ehefrau, weiteren Familienmitgliedern und seines Assistenten in die Wiener Nervenheilanstalt überführt. Hier starb Ignaz Semmelweis nach 14-tägigem Aufenthalt am 13. August 1865 an einer Blutvergiftung, die für die neurologischen Ausfälle mitverantwortlich war. Zwei Tage später wurde er auf dem Schmelzer Friedhof in Wien beigesetzt.

Nach und nach erkannten seine Kollegen den Wert seiner Entdeckung. Zwanzig Jahre nach seinem Tod wurde Ignaz Semmelweis rehabilitiert. 1891 wurden zwei Semmelweis-Gedächtnis-Komitees gegründet, die sich um die Errichtung eines Denkmals und einer Gedenktafel an seinem Geburtshaus bemühten. Seine sterblichen Überreste wurden nach Budapest gebracht und 1894 in einem von den Behörden der Stadt gestifteten Grab beigesetzt. In seiner Gedächtnisrede am Grab betonte der Professor für Öffentliche Gesundheit in Prag, dass Semmelweis‘ „Verdienste weit über den Bereich der Geburtshilfe hinausgingen, und daß man Semmelweis mit Recht als den Begründer der modernen aseptischen Wundbehandlung betrachten müsse.“ (Gortvay/Zoltan, S. 287).
1969 erhielt die Medizinische Universität in Budapest ihm zu Ehren den Namen ihres ehemaligen Professors (Semmelweis Universität für Medizinische Wissenschaften).


Quellen:
György Gortvay u. Imre Zoltan: Semmelweis. Retter der Mütter. Leipzig, 1977
Theodor Kissel: IGNAZ SEMMELWEIS. Der Retter von der traurigen Gestalt. 1.7.2018. www.spektrum.de/news/ignaz-semmelweis-der-retter-von-der-traurigen-gestalt/1574034

 

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