Bildung im Vorübergehen:
Wittekindstraße
- Zusatzschild-Text:
- Sohn des Sachsenherzogs Widukind, Erster Graf von Wettin, der Legende nach Namensgeber der Giebichensteiner Salzquelle
- Spender:
- gespendet von Volker Schreiber, von der Rechtsanwaltskanzlei Hummel und Kadler und von Myriam und Tilo Sinner.
- Status:
- realisiert am 24.03.2022
Widukind II. (8./9. Jahrhundert)
Widukind II. – Wittekindus, Witikind oder Widekind der Jünger – Wittekindus Junior – sind nur wenig voneinander abweichende Formen des Namens eines sächsischen Adligen, dessen Leben nur in legendenhaften Schriften überliefert ist. Urkundliche oder inschriftliche Nachweise aus seiner Lebenszeit gibt es nicht. Aus den zahlreichen Stammbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts lässt sich zum Leben Wittekinds II. folgendes berichten:
Widukind II. war der jüngere Sohn Widukinds, des letzten sächsischen Königs, der den Aufstand der Sachsen gegen Karl den Großen angeführt hatte, sich dann aber diesem unterwarf und als Herzog der Sachsen eingesetzt wurde. Seine Mutter war dessen zweite Gemahlin Swatana, Tochter des Böhmischen Königs Lechonis.
Widukind hatte einen älteren Bruder Wigpert oder Vipertus, dessen Mutter Geva eine dänische Königstochter war, aber bald nach der Geburt des Kindes starb. In den verschiedenen Stammbüchern und Lebensberichten verschwimmen die Angaben zu den beiden Brüdern. Widukinds jüngere Schwester Hasala heiratete Bernonis, Graf zu Ballenstedt.
Widukind dem Jüngeren werden zahlreiche Titel zugeschrieben. Demnach war er:
• Burggraf zu Zörbig (in den Quellen jeweils anders genannt – Zörwick, Zörberg, Zörbeg, Zorbeg, erstmals urkundlich erwähnt im Jahr 961).
• Erster Graf zu Wettin (erste urkundliche Erwähnung im 12. Jh.)
• Herr zu Budseß (Bautzen – der Besitz in Bautzen und die Oberlausitz stammten aus der Morgengabe seiner Mutter Swatana – erste urkundliche Erwähnung unter Heinrich I. im 10. Jahrhundert)
• Oberster Landvoigt über die Sorben (Milzen und Wenden)
• Fürst in Obersachsen
Er soll „ein großmechtiger Herr von Rath vnd Tath gewesen“ sein. An der Seite seines Vaters hat er Karl den Großen bei der „Befriedung“ und Christianisierung der zwischen Elbe und Saale ansässigen Slawen unterstützt. Er führte im Norden Krieg gegen den dänischen König Gottfried, im Osten gegen die Sorben, die zum christlichen Glauben übertraten oder über die Elbe flüchteten, nahm ihnen deren Hauptstadt Marsburg oder Merseburg ab. Für seine Erfolge ernannte ihn Karl der Große im Jahr 800 zum Grafen von Wettin, belehnte ihn mit dem Salzwerk Giebichenstein einschließlich des Dorfes Dobresola (oder Dobrebora, das als der Flecken, der später Halle werden sollte, angesehen wird). An einigen Stellen heißt es, dass Widukind der Jüngere Wettin und die anderen Besitzungen des Vaters nach dessen Tod vermutlich 807 als Teil des Erbes erhalten hat. Offenbar übernahm der ältere Bruder Wigpert den Titel des Fürsten von Engern, den dortigen Besitz und das damit verbundene westphälische Wappen. Widukind II. erhielt durch die Erbteilung das Land unter Magdeburg und um „Zörwig“ und wurde von Kaiser Karl dem Großen zum „Reichs Statthalter und Burggraff zu Zörwick angeordent“. In Osterwieck, Teil des Bistums Halberstadt, hat sich Widukind II. taufen lassen.
Eine Quelle berichtet, dass Widukind der Jüngere „nach seinem Namen Wetin / und die Stadt und Schloß zu Wittemberg / Anno 807“ vollendete, dessen Bau sein Vater bereits im Jahr 780 begonnen hatte.
Die Grafschaft Wettin und Merseburg gingen mitsamt der Stadt Giebichenstein und dem Dorf Dobresola an den Grafen Ridack (einen Nachfahren Widukinds II. in 6. Generation), der es an Kaiser Otto I. weitergab – ab hier beginnt die urkundlich nachweisbare Geschichte der hiesigen Gegend.
Widukind II. war verheiratet mit Julanda, Gräfin zu Rochlitz. Mit ihr hatte er drei Kinder. Sein erster Sohn Widukind III. gilt als Begründer der Linie der Könige Frankreichs. Der zweite Sohn Friderich soll von seinem eigenen Volk erschlagen worden sein, nachdem er hatte Zölle erheben wollen. Sein dritter Sohn Dithgreim führte die Titel des Vaters weiter. Dessen Linie wird in den Schriften bis zu den Sächsischen Churfürsten über die Reformation hinaus fortgeführt.
Widukind der Jüngere soll 825 gestorben sein. Über seinen Tod und sein Begräbnis wird aber nichts berichtet. Dass er neben seinem Vater in Engern begraben liege, bezieht sich wohl eher auf den älteren Bruder.
Die hier zitierten Angaben über Widukind und dessen Familie aus dem 16. und 17. Jahrhundert berufen sich auf ältere, nicht mehr nachweisbare Quellen („in Annalibus perscriptum est“). Die ersten noch nachweisbaren urkundlichen Belege stammen erst aus späterer Zeit. So „beginnt“ die Geschichtsschreibung der Stadt Wettin im 10. Jahrhundert unter Otto I. Wittenbergs urkundlich-inschriftliche Ersterwähnung datiert sogar erst ins 12. Jahrhundert. Solange keine originalen Urkunden, Schriftstücke o. ä. Quellen gefunden werden, bleibt diese Biographie von Widukind dem Jüngeren eine Legende.
Giebichensteiner Quelle – Ihre Entdeckung und Namensgebung
Noch vor der urkundlichen Erwähnung der halleschen Salzquellen erscheint der Name Giebichenstein und seiner Salzquellen („urbem scilicet Giuiconstein cum salsugine eius“), in einer Schenkungsurkunde Kaiser Ottos I. an sein Magdeburger Kloster im Jahr 965. Dieser Giebichensteiner Salzbrunnen ist über die Jahrhunderte in Vergessenheit geraten und erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts wieder entdeckt worden. Der Besitzer des Kurbades in der Mitte des 19. Jahrhunderts, Heinrich Thiele, fand in einer älteren Schrift des Jenaer Philosophen und Bibliothekars Johann Christoph Mylius (1710 – 1757) die Verbindung zum Namen Widukinds des Jüngeren, in dessen Lebenszeit der Giebichensteiner Salzbrunnen eine Rolle spielte. Die bei Mylius erwähnte Chronik war nicht auffindbar. Seit Erscheinen der Broschüre des Heinrich Thiele ist aber der Name Widukinds/Wittekinds mit der Salzquelle und dem Kurbad verbunden.
Quellen:
Lorenz Faust: Genealogie Ducum Saxoniae. Fürstlicher Stammbaum / der Chur und Fürsten / im Hochlöblichen Hause zu Sachsen… Schirmenitz, 1588
Lorenz Peckenstein (1549-1618): VVittikindeae familiae Illust. Sax. prosapia || COMPENDIO HISTORICO ILLVSTRATA. Jena, 1597
Elias Reusner: STEMMA VVITICHINDEUM continens Genealogiam inclyta Prosapia Ducum Saxonia. In: Georg Fabricius: GEORGII FABRICII CHEMNICENSIS ORIGINVM ILLVSTRISSIMAE STIRPIS SAXONICAE. Jena, Leipzig, 1597
Balthasar Mentz: Stammbuch/ Dorinnen vermeldet/ wie das Königreich zu Sachsen ein Hertzogthumb worden … Wittenberg, 1601
Petrus Albin und Matthäus Dresser: New Stammbuch Und Beschreibung des Uhralten Königlichen, Chur und Fürstlichen, etc. Geschlechts und Hauses zu Sachsen. Jn welchem Witekind der Grosse genandt, letzter König vnd Erster in seinem Geschlecht, des Römischen Reichs Fürst vnd Hertzog gewesen ... Leipzig, 1602
Benjamin Leuber: Beschreibung des Schlosses Ortenburgk oder Budsetz. 1662
Rudolph Christian Bennigsen: Historische Zeit-Rechnung der bekanntesten Reiche und Staaten der Welt. Merseburg, 1782
Heinrich Thiele: Das Soolbad Wittekind in Giebichenstein bei Halle a. d. S. Halle, 1846
Siegmar von Schultze-Galléra: Die Eingemeindungen : Giebichenstein, Trotha, Cröllwitz, Gimritz. Topographie der Stadt Halle. Bd. 3. Bad Langensalza, 1924/2018